Die soziale Distanzierung und teilweise Selbstisolation, die wir seit geraumer Zeit erleben, verändert uns alle und stellt uns vor ganz neue Herausforderungen. Wie gehe ich mit dem neuen Tagesablauf um, wie strukturiere ich meine Zeit, wie verbinde ich Homeoffice mit der Betreuung der Kinder? Wie lebe ich mein Leben, jetzt und hier, und dies für eine ungewisse Zeit?
In der Corona-Krise wird aber auch deutlich, dass es notwendig ist, Nähe und Distanz neu zu (er)leben. Das „Zusammensein“ findet jetzt zunehmend vor dem PC, dem Laptop oder dem Smartphone im virtuellen Raum statt. Die Zeiten, die wir an der frischen Luft sind - unseren täglichen „Hofgang“ - verbringen wir dann meist allein oder mit einer nahen Person. Im wirklichen Leben sollen nun nahezu alle Menschen anderthalb - oder besser - zwei Meter Abstand voneinander halten. Beim Spazierengehen am Aachener Weiher ist mir aufgefallen, dass die meisten Menschen diese neuen Abstandsregeln zum größten Teil einhalten; die Fußgänger, die Jogger und die Fahrradfahrer. Und ich denke, dass uns dieses neue Miteinandersein auf Abstand auch ein wenig gut tut. Viele Menschen achten jetzt mehr aufeinander und das, obwohl sich die räumliche Distanz zueinander erhöht hat.
Vor einigen Tagen, beim (achtsamen ;-)) Anstehen an der Kasse im DM in Sülz fiel mir auf, dass die übliche Nähe der Großstadt und auch die damit verbundene Hektik verflogen war. Die Menschen stellten sich an der Kasse mit dem nötigem Abstand an, warteten geduldig, bis sie an der Reihe waren, der Kassierer zog die Artikel ungewohnt langsam über den Scanner und wartet solange, bis der Kunde seine Sachen eingepackt hatte; und erst dann rückte die nächste Person in der Schlange auf. Das Drücken und Schieben, das unbewusst in solchen Situationen die Regel ist, war vollkommen verfolgen. Durch die neue Situation und die damit verbundenen Folgen tritt eine Entschleunigung und Achtsamkeit in unser Leben, die vielen von uns ungewohnt ist und an die sich viele erst einmal gewöhnen müssen.
Die Kultivierung von Achtsamkeit ist ein Akt der Freundlichkeit uns selbst und anderen menschlichen Wesen gegenüber; und gerade in der derzeitigen Situation zeigt sich ein achtsames Gewahrsein darin, dass wir uns sowohl um uns selber kümmern (indem wir durch die nötige Distanz eine eigene Ansteckung vermeiden), als auch um die anderen Menschen (indem wir möglichweise jemand anderen nicht anstecken). Dies ist ein mitfühlendes Verhalten uns und anderen gegenüber. Und dies könnte in meinen Augen eine verbindende Menschlichkeit schaffen, die über die Zeit der Krise hinaus wachsen und die unser gesellschaftliches Zusammenleben verändern könnte.