Warum richten wir während der Achtsamkeitsmeditation unsere Aufmerksamkeit auf den Atem? Unser Atem ist da, solange wir leben. Er gibt einen eigenen (Lebens-)Rhythmus vor und ist immer bei uns. Der Atemvorgang läuft in der Regel ohne unser bewusstes Zutun ab und verändert sich mit unseren Stimmungen und Aktivitäten. Er kann flach und kurz sein, wenn wir unter Anspannung stehen oder wenn wir wütend sind; und manchmal ist er sogar kaum wahrnehmbar, wenn wir ängstlich sind. Bei Aufregung geht er schneller und wenn wir entspannt sind fließt er langsam und voll. Deshalb kann die bewusste Wahrnehmung des Atems dazu genutzt werden, um unseren Geist und Körper zu stabilisieren.
In den Meditationen, die wir in den Achtsamkeitskursen durchführen, lernen wir zunächst einmal mit unserem Atem in Kontakt zu kommen. Dafür richten wir zunächst unsere Aufmerksamkeit auf eine Stelle in unserem Körper, an der der Atem am deutlichsten wahrnehmbar ist. Das kann zum Beispiel das Heben und Senken der Bauchdecke beim Ein- und Ausatmen sein oder die Bewegungen des Brustkorbs beim Atmen. Oder wir richten die Aufmerksamkeit auf das Ein-und Ausströmen der Atemluft an den Nasenlöchern. Mit weiterer Übung während der Achtsamkeitsmeditationen lernen wir zunehmend die Aufmerksamkeit auf den Atem beizubehalten ohne den Atem zu verändern oder zu kontrollieren. Wir nehmen aber auch wahr, wie sich die Wahrnehmung des Atems, abhängig von den Gedanken, Gefühlen und Körperempfindungen, die in das Feld unserer Aufmerksamkeit treten, verändert. Sind da zum Beispiel Gedanken an die Vergangenheit oder Pläne für die Zukunft, so registrieren wir diese Phänomene lediglich, lassen sie weiterziehen und kommen dann wieder freundlich aber bestimmt zur Wahrnehmung des Atems im gegenwärtigen Moment zurück. Und mit fortgeschrittener Übung ist es dann möglich, dass wir uns immer mehr unseres Atems bewusst werden, die Aufmerksamkeit auf den Atem stabiler wird und wir auf diese Weise in zunehmenden Maße Körper und Geist beruhigen können. So können wir letztendlich lernen mit Hilfe der Atembetrachtung, als einem integralen Übungsbestandteil des Programms Stressbewältigung durch Achtsamkeit (MBSR), mit Stress und Belastungen des Lebens auf eine andere Weise umzugehen.