Aikido Pushing Hands ist eine aus der defensiven Kampfkunst Aikido stammende Achtsamkeitsübung, die in manchen MBSR-Kursen durchgeführt wird. Da sie in meine Kurse zeitlich nicht passt, stelle ich sie hier kurz vor. Bei der Übung handelt es sich um ein Rollenspiel, um zu zeigen wie sich passives, passiv-aggressives, aggressives und achtsames Verhalten in Konfliktsituationen anfühlt, und was es bewirken kann.
Aufstellung:
Du (B) wählst eine Person (A) aus, die möglichst dasselbe Geschlecht hat und etwa gleich groß ist. Du erklärst, dass es sich um ein Rollenspiel mit körperlichem Kontakt handelt. (A) übernimmt die Rolle der „Angreiferin", die sich vorstellt, ärgerlich zu sein und mit erhobenen Händen auf (B) zugeht, um sie an den Schultern zu fassen. Dann demonstrierst du die verschiedenen Reaktionsweisen der Rolle (B).
Ablauf:
1. Passiv:
(B) duckt sich unter dem Angriff weg (mit einer Bemerkung wie: „Das ist
alles meine Schuld!“, „Du hast Recht und ich habe Unrecht!). (A) läuft ins Leere.
2. Passiv-aggressiv:
(B) dreht sich weg, (mit einer Bemerkung wie „Ha!" oder „Du schon
wieder!“ oder „Mach doch nicht so ein Theater!“. (A) läuft wieder ins Leere.
Bei 1. und 2. kommt kein Kontakt zustande, der Angreifer wird nicht wirklich respektiert und es besteht kein Interesse an einer Lösung des Konflikts.
3. Aggressiv:
(B) nimmt frontal Kontakt auf und ringt mit (A), es kommt zum
Machtkampf, bis beide aus der Puste sind oder einer aufgibt.
Bei 3. besteht zwar ein Kontakt, aber das Kräftemessen kann sich lange
im Kreis drehen, erschöpfend sein und jede Person beharrt auf ihrem Standpunkt.
1.-3. entsprechen meist unbewussten, automatischen Reaktionen. Dabei
geht es nicht darum, sich für die eigene Reaktion zu verurteilen, sondern zu erkennen, welche Verhaltensweisen in Konfliktsituationen wenig hilfreich sind und welche eher zu einer Konfliktlösung
beitragen können.
4. Achtsamer Umgang mit Konflikten: Wenn (A) auf (B) zugeht, geht (B) ihrerseits einen Schritt auf (A) zu, setzt dabei aber seinen rechten Fuß ein
Stück seitlich an (A) vorbei (lässt sich also vom Angriff nicht umwerfen) und ergreift gleichzeitig einen ausgestreckten Arm am Handgelenk. Mit
der anderen Hand kann (B) dann die Schulter von (A) fassen und (A) so um sich herumführen. (B) kann so den Angriff parieren und ihm gleichzeitig die Energie nehmen, indem er einen Kontakt
herstellt und sich dann mit dem Schwung von (A) dreht. (B) schaut mit (A) so zunächst in die gleiche Richtung, teilt so seine „Sichtweise", um ihm dann die eigene zu zeigen, wenn (A) dazu bereit
ist. Ansonsten geht (A) einfach in ihre Richtung weiter.
Für dich (B) ist es dabei wichtig, einen festen Stand einzunehmen, dich im Atem zu verankern und den eigenen Schwerpunkt nicht zu verlieren. Du bist so bereit, dich auf die Bewegung von (A) einzulassen und dich dem Konflikt zu stellen. Du kannst dadurch in Kontakt zu (A) gehen und gleichzeitig seine Energien nutzen und neutralisieren, ohne dessen Integrität zu verletzen, dabei aber die eigene zu bewahren. Diese Art der Kontaktaufnahme ist somit Ausdruck von Respekt der anderen Person gegenüber und der Einbeziehung des anderen Blickwinkels. Viel Spaß beim Üben! J